Behinderung

Integrationsamt: Welcher Schutz für Menschen mit Behinderung?

14. Oktober 2022 von Camille - 7 Minuten Lesezeit

Integrationsamt: Welcher Schutz für Menschen mit Behinderung?

Das Integrationsamt unterstützt Menschen mit Behinderung in ihrem Arbeitsalltag. Sie möchten wissen, wie die Behörde dabei vorgeht und wofür sie die Kosten übernimmt? Dein Hilfexpert hat alle wichtigen Informationen für Sie zusammengetragen.

Was zahlt das Integrationsamt?

Das Integrationsamt investiert in eine barrierefreie Arbeitswelt, mit dem Ziel diese an die Bedürfnisse von schwerbehinderten Menschen anzupassen und den Arbeitsalltag für Betroffene einfacher zu gestalten. Hierfür finanziert das Integrationsamt beispielsweise:

  • Arbeitsassistenten, 
  • technische Arbeitshilfen,
  • Kraftfahrzeughilfen und Wohnungshilfen
  • sowie berufliche Fortbildungen.
Wie finanziert das Integrationsamt seine Ausgaben?
Das Integrationsamt finanzieren sein Leistungsangebot durch die sogenannten Ausgleichsabgabe. In Deutschland sind Unternehmen nämlich ab 20 Mitarbeitern dazu verpflichtet mindestens 5 Prozent der Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen zu besetzen. Unternehmen, die diese Vorgabe nicht erfüllen, müssen eine sogenannte Ausgleichsabgabe an das zuständige Integrationsamt zahlen. Diese liegt monatlich zwischen 140 € und 360 € für jeden nicht besetzten Pflichtarbeitsplatz.

Doch das Integrationsamt ist nicht alleine für die Ausgaben im Bereich barrierefreie Arbeitswelt zuständig. Einige Ausgaben, werden von sogenannten Rehabilitationsträgern übernommen. Das sind beispielsweise die Krankenversicherung, die Bundesagentur für Arbeit oder auch die Rentenversicherung. Wer welche Ausgaben übernimmt, ist klar festgelegt:

  • Für Ausgaben im Bereich der Begleitenden Hilfe im Arbeitsalltag ist das Integrationsamt verantwortlich.
  • Für Ausgaben im Bereich der Rehabilitation von behinderten Menschen sind die Rehabilitationsträger verantwortlich. 
Auch wenn die zu erbringenden Leistungen klar zwischen Integrationsamt und Rehabilitationsträgern aufgeteilt sind, arbeiten die jeweiligen Behörden oft eng zusammen. Muss eine Reha-Leistung beispielsweise unverzüglich erbracht werden, so kann das Integrationsamt für die übernahme der Kosten einspringen. Der zuständige Reha-Träger, muss die Kosten jedoch im Anschluss erstatten.

Welche Aufgaben hat ein Integrationsamt?

Integrationsamt: Welcher Schutz für Menschen mit Behinderung?Das Integrationsamt agiert als Vermittler zwischen Arbeitnehmern mit Behinderung und den jeweiligen Arbeitgebern. Es ist Ansprechpartner für beide Seiten und unterstützt einen reibungsfreien Ablauf des Arbeitsalltages. Um einen solch reibungslosen Ablauf zu ermöglichen, agiert das Integrationsamt in verschiedenen Bereichen. Das Integrationsamt:

  • hilft bei der behindertengerechten Einrichtung des Arbeitsplatzes.
  • kümmert sich um die Durchführung des besonderen Kündigungsschutzes für schwerbehinderte Menschen.
  • erhebt und verwaltet die Ausgleichsabgaben, die ein Unternehmen zahlen muss, das nicht die vorgegebene Zahl an Menschen mit Behinderung beschäftigt.
  • stellt Arbeitnehmern mit Behinderung und Arbeitgebern eine sogenannte Begleitende Hilfe zur Verfügung. Die beiden Seite können sich beispielsweise beraten lassen oder eine finanzielle Unterstützung anfordern. Diese Begleitende Hilfe kann jedoch auch entzogen werden, wenn der Arbeitnehmer eine zumutbare Arbeit verweigert.
  • genehmigt in einigen Fällen eine sogenannte Berufsbegleitung, die Personen mit besonders schweren Behinderung unterstützt.
Wann stimmt das Integrationsamt einer Kündigung zu?
Personen, die einen Schwerbehindertenausweis haben, profitieren von einem besonderen Kündigungsschutz. Möchte ein Arbeitgeber sie entlassen, so benötigt er hierfür die Zustimmung des Integrationsamtes. Dieses entscheidet, ob die Kündigung gerechtfertigt ist oder ob sie auf die Behinderung der Person zurückzuführen ist. Nur wenn ausgeschlossen werden kann, dass die Kündigung im Zusammenhang mit der Behinderung steht, stimmt das Integrationsamt der Kündigung zu. In allen Fällen vermittelt das Integrationsamt zwischen den Parteien.

Beispiel für Integrationsämter und ihre Aufgabenbereiche

Jedes Bundesland ist für die Durchsetzung der Hauptziele der Intergrationsämter verantwortlich. Hierbei hat jedes Land jedoch gewisse Freiheiten, was z.B. die Wahl der jeweils zuständigen Behörde oder auch die genau Durchführung der Aufgaben betrifft. Bundesländer können sich beispielsweise dafür entscheiden, einen Teil der Aufgaben an örtliche Fachstellen, auch Versorgungsämter genannt, zu übertragen. Beispiele hierfür sind:

  • Baden-Württemberg: Hier ist das Integrationsamt teil des Kommunalverbands für Jugend und Soziales.
  • Bayern: Hier übernimmt das Zentrum Bayern Familie und Soziales die Aufgaben des Integrationsamtes.
  • Sachsen-Anhalt: Hier kümmert sich das Landesverwaltungsamt um die Ausführung der Tätigkeiten des Integrationsamtes.
Wie heißt das Integrationsamt noch?
Das Integrationsamt ist unter vielen verschiedenen Namen bekannt. Offiziell heißt es Amt für die Sicherung der Integration schwerbehinderter Menschen im Arbeitsleben, kurz Integrationsamt. In einigen Bundesländern, nämlich in Bayern, Berlin, Nordrhein-Westfalen und im Saarland, wird die Behörde Inklusionsamt genannt.

Das Integrationsamt Hamburg

Das Integrationsamt Hamburg kümmert sich um die Integration von schwerbehinderten Menschen auf dem Hamburger Arbeitsmarkt. Insgesamt begleitet die Behörde über 30.000 Menschen mit Behinderung in der Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung und führt jährlich über 1.000 Betriebsbesuche in Hamburg und Umgebung durch. Konkret unterstützt das Amt die Arbeitsnehmer beispielsweise durch finanzielle Zuschüsse für:

  • technische Arbeitshilfe am Arbeitsplatz,
  • Unterstützung zum Erreichen des Arbeitsplatzes,
  • Ausstattung für einen neu zu schaffenden Arbeitsplatz und
  • Unterstützung zur Gründung und Erhaltung einer selbstständigen Tätigkeit.
Grundsätzlich gilt, dass das Integrationsamt Hamburg dort Leistungen erbringt, wo kein Reha-Träger zuständig ist.

Arbeitnehmer bzw. Arbeitgeber, die eine solche Leistung von dem Integrationsamt Hamburg beantragen möchten, müssen ein entsprechenden Antrag dafür stellen. Ein Unternehmen, das beispielsweise einer schwerbehinderten Person kündigen möchte, muss auch hierfür einen Antrag bei dem Amt stellen.

Jegliche Anträge können auf der Webseite des Integrationsamtes Hamburg gefunden werden.

Das Integrationsamt Berlin

Das Integrationsamt Berlin ist seit Herbst 2021 unter dem Namen Inklusionsamt bekannt. Sein Hauptziel ist es schwerbehinderten Menschen ein Beschäftigungsverhältnis zu ermöglichen. Konkret bedeutet das, dass das Amt Personen mit Behinderung unterstützt, die bereits eine Tätigkeit ausüben oder in Zukunft eine Tätigkeit ausüben möchten:

  • Es steht ihnen als Ansprechperson zur Verfügung und beantwortet jegliche Fragen zur Gestaltung des Arbeitsalltages und zur Jobsuche.
  • Es bietet ihnen die sogenannte Begleitende Hilfe für den Arbeitsalltag an. Die Unterstützungsmöglichkeiten sind sowohl personeller, als auch technischer und finanzieller Natur.
  • Es setzt den besonderen Kündigungsschutz in den Unternehmen durch, die Personen mit Behinderungen beschäftigen.
  • Es sorgt dafür, dass jedes Unternehmen ein sogenanntes Integrationsteam hat. Dieses besteht aus einem Inklusionsbeauftragten des Arbeitgebers und den betrieblich Interessenvertretungen, wie beispielsweisem dem Betriebs- und Personalrat.
Das Integrationsamt Berlin kümmert sich nicht ausschließlich um die Vertretung der Interessen der Arbeitnehmer mit Behinderung. Es unterstützt auch die Arbeitgeber bei der Schaffung des passenden Rahmens. Unternehmen können sich hier zu den folgenden Themen Informationen einholen: Beschäftigungspflicht, Begleitende Hilfe, besonderer Kündigungsschutz und Integrationsteam.

Der Berliner Inklusionspreis

Seit dem Jahr 2003 vergibt das Land Berlin den sogenannten Inklusionspreis. Diesen können Arbeitgeber gewinnen, die schwerbehinderte Menschen vorbildlich ausbilden und beschäftigen. Insgesamt werden Preise in vier verschiedenen Kategorien vergeben:

  1. Die inklusive Beschäftigung in der Kategorie Kleinunternehmen
  2. Die inklusive Beschäftigung in der Kategorie mittelständisches Unternehmen
  3. Die inklusive Beschäftigung in der Kategorie Großunternehmen
  4. Die inklusive Ausbildung
Die vier Preise sind gleichwertig und werden jeweils mit einer Geldprämie von 10.000 € belohnt.

Das Integrationsamt München

Integrationsamt: Welcher Schutz für Menschen mit Behinderung?Das Integrationsamt München ist Teil des Zentrum Bayern Familie und Soziales und somit auch unter dem Namen ZBFS-Inklusionsamt bekannt. Es kümmert sich um die Inklusion von schwerbehinderten Menschen auf dem bayerischen Arbeitsmarkt. Seinen Aufgabenschwerpunkt sieht das Amt in den folgenden Bereichen:

  • Finanzielle Leistungen für Arbeitnehmer mit Behinderung und deren Arbeitgeber
  • Technische Beratung für die Erleichterung des Arbeitsalltages und Begleitung durch einen Integrationsfachdienst
  • Durchsetzung des besonderen Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen
  • Schulungen und Informationsmaterial für die betrieblichen Integrationsbeauftragten
  • Erhebung und Verwendung der Ausgleichsabgabe

Beispiel: Finanzielle Unterstützung

Das Integrationsamt bietet schwerbehinderten Personen finanzielle Unterstützungen in verschiedenen Bereichen an. Ziel ist es ihnen die Möglichkeit zu bieten, eine berufliche Tätigkeit aufzunehmen, die zu ihren Fähigkeiten passt und in der sie ihre Kenntnisse nicht nur einsetzen, sondern auch erweitern können. Finanzierungen gibt es demnach unter anderem für die folgenden Bereiche:

  • Arbeitsassistenz: Personen, die den schwerbehinderten Menschen dabei unterstützen seine Aufgaben zu erfüllen.
  • Berufliche Fortbildung: Weiterbildungen, die die berufliche Weiterentwicklung bzw. die Anpassung an neue Herausforderungen ermöglichen.
  • Besondere Lebenslagen: Finanzhilfen, die nicht in der Ausgleichsabgabeverordnung geregelt sind, aber ohne die der Verlust des Arbeitsplatzes droht.
  • Selbstständigkeit und Existenzgründung: Finanzielle Unterstützung bei der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit.
  • Wohnungshilfe: Förderung für den Bezug einer behindertengerechten bzw. verkehrsgünstig zum Arbeitsplatz gelegen Wohnung.
Jegliche Anträge müssen direkt bei dem ZBFS-Inklusionsamt gestellt werden. Diese finden Sie auf der Webseite des Amtes.
Weitere häufig gestellte Fragen

Camille ist seit Januar 2022 Redakteurin im Team von DeinHilfexpert und schreibt Artikel für den Ausbau des deutschen Servicebereichs. Sie absolviert derzeit ein duales Studium an der ISCOM Schule in Paris und im Unternehmen DeinHilfexpert.


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