Altersvorsorge

Elternunterhalt: Wann müssen Kinder für ihre Eltern haften?

14. Oktober 2022 von Camille - 6 Minuten Lesezeit

Elternunterhalt: Wann müssen Kinder für ihre Eltern haften?

Elternunterhalt ist der Unterhalt, den die Kinder ihren Eltern unter gewissen Umständen als Teil der Altersvorsorge schuldig sind. Sie möchten wissen, welche Voraussetzungen hierfür erfüllt sein müssen und wie hoch die Unterhaltszahlung ist? Dein Hilfexpert hat die Antwort auf all Ihre Fragen.

Wann muss Elternunterhalt gezahlt werden?

Elternunterhalt ist eine Form der Unterhaltszahlung, die Kinder ihren Eltern unter bestimmten Umständen schuldig sind. Grundsätzlich gilt, dass die Zahlung eingefordert wird, wenn pflegebedürftige Eltern die Kosten für ihre Pflege nicht selbständig begleichen können. Bevor Kinder für den Unterhalt ihrer Eltern aufkommen müssen, gibt es jedoch eine Reihe von Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen:

  • Hilfebedürftigkeit der Eltern: Die Eltern dürfen kein ausreichendes Einkommen bzw. Vermögen haben, um die Pflegekosten selber zu zahlen.
  • Bruttojahreseinkommen über 100.000 €: Kinder müssen nur dann Elternunterhalt zahlen, wenn sie die Einkommensgrenze überschreiten.
Elternunterhalt Gesetzesänderung 2019
Im Jahr 2019 kam es zu einer Gesetzesänderung im Zusammenhang mit dem Elternunterhalt. Seit dem 1. Januar 2020 sind Kinder ihren Eltern Elternunterhalt erst ab einem Jahreseinkommen von 100.000 € schuldig.

Wann haben Eltern Anspruch auf Elternunterhalt?

Bevor Eltern Elternunterhalt beanspruchen können, müssen sie ihr eigenes Einkommen und Vermögen in die eigene Pflege investieren. Dies betrifft sämtliche Einkünfte aus gesetzlichen und privaten Rente sowie Vermögen wie beispielsweise Immobilienvermögen. Besitzen die Eltern also ein Haus oder eine Eigentumswohnung, so müssen sie diese ggf. Verkaufen, um die Pflegekosten zu begleichen.

Wie hoch ist das Schonvermögen beim Elternunterhalt’?
Auch wenn Einkommen und Vermögen aufgebraucht werden müssen, haben betroffene Personen Anspruch auf ein sogenanntes Schonvermögen. Hierbei handelt es sich um einen Geldbetrag, der als Rücklage behalten werden darf. Das Schonvermögen liegt derzeit bei 5.000 € pro Person. Für verheiratete Paare liegt dieser Betrag bei 10.000 €.

Zusätzlich zum eigenen Einkommen bzw. Vermögen haben pflegebedürftige Personen oftmals Anspruch auf die Pflegeleistungen der Pflegeversicherung. Auch diese Leistungen müssen für die Begleichung der Pflegekosten eingesetzt werden. Hierzu gehört beispielsweise die vollstationäre Pflege, die je nach Pflegegrad zwischen 770 € und 2.005€ liegen kann.

Weitere Informationen
Sie möchten mehr über die Leistungen der Pflegeversicherung erfahren? Dann lesen Sie unseren Artikel zu diesem Thema.

Elternunterhalt: Wann müssen Kinder für ihre Eltern haften?Erst wenn all diese Geldquellen ausgeschöpft wurden und die Pflegekosten dennoch nicht gedeckt werden können, wird überprüft, ob ein Anspruch auf Elternunterhalt von Seiten der Kinder besteht.

Wann müssen Kinder Elternunterhalt zahlen?

Auch wenn die Eltern hilfsbedürftig sind und die Kosten für die eigene Pflege nicht begleichen können, können die Kinder nur dann zum Elternunterhalt verpflichtet werden, wenn sie eine bestimmte Gehaltsgrenze überschreiten. Diese Gehaltsgrenze liegt bei 100.000 € und bezieht sich auf das gesamte Jahresbruttoeinkommen.

Was wird unter Jahresbruttoeinkommen verstanden?
Das Jahresbruttoeinkommen bezieht sich nicht ausschließlich auf Einkünfte aus der Erwerbstätigkeit. Stattdessen werden auch Einkünfte aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung berücksichtigt. Wer also beispielsweise eine Wohnung vermietet, muss den daraus generierten Gewinn zusätzlich zu seinem Erwerbseinkommen angeben.

Wie viel Elternunterhalt müssen Kinder zahlen?

Kinder, deren Jahresbruttoeinkommen über 100.000 € liegt, können aufgefordert werden, Elternunterhalt zu zahlen. Bevor jedoch entschieden wird, wie viel Elternunterhalt sie zahlen müssen, wird das relevante Einkommen ermittelt. Im ersten Schritt wird hierfür das durchschnittliche Nettoeinkommen berechnet:

  • Bei Arbeitnehmern wird der Durchschnitt aus den zwölf vergangenen Nettoeinkommen ermittelt.
  • Bei Selbstständigen wird das durchschnittliche Nettoeinkommen der vergangenen drei bis fünf Jahre ermittelt.

Von dem durchschnittlichen Nettoeinkommen werden anschließend eine Reihe von Kosten abgezogen. Hierzu gehören:

  • Berufsbedingte Aufwendungen, z.B. Fahrtkosten
  • Aufwendungen für regelmäßige Besuche der Eltern
  • Kosten der Krankenvorsorge und krankheitsbedingte Aufwendungen
  • Darlehensverbindlichkeiten, z.B. Zinszahlung einer Baufinanzierung für Wohneigentum
  • Private Altersvorsorge in Höhe von bis zu 5 Prozent des Bruttoeinkommens
Achtung
Bestimmte Kosten können nicht vom Jahresbruttoeinkommen abgezogen werden. Hierzu gehören beispielsweise Rundfunkgebühren und Beiträge für die Hausrat- und Haftpflichtversicherung.

Zusätzlich wird bei der Berechnung des Jahresbruttoeinkommens die Unterhaltspflicht, die die betroffene Person gegenüber einem Ehegatten bzw. den eigenen Kindern hat, berücksichtigt. Solche Verpflichtungen haben nämlich Vorrang gegenüber dem Elternunterhalt.

Wie hoch ist der Selbstbehalt beim Elternunterhalt?
Nach Abzug der soeben aufgeführten Kosten, kann zusätzlich der sogenannte Selbstbehalt abgezogen werden. Wie hoch der Selbstbehalt ist, hängt von der persönlichen Situation des Betroffenen ab. Einer verheirateten Person stehen demnach monatlich 3.600 € zur Verfügung.

Von dem sogenannten bereinigten Nettoeinkommen, müssen unterhaltspflichtige Kinder die Hälfte für die Pflege ihrer Eltern abtreten.

Beispiel: Eine verheiratete Frau verdient monatlich 12.000 € brutto, was 7.500 € netto ergibt. Nach Bereinigung des Einkommens bleiben 6.500€ übrig. Hiervon wird der Selbstbehalt von 3.600 € abgezogen, sodass 2.900 € relevantes Einkommen übrig bleiben. Da der Anspruch auf Elternunterhalt die Hälfte hiervon betrifft, ergibt dies eine Unterhaltszahlung von 1.450 €.

Welche Sonderregeln gibt es?

Neben der allgemeinen Regelung gibt es eine Reihe von Sondervorschriften, die je nach persönlicher Situation angewendet werden können. Haben die pflegebedürftigen Eltern beispielsweise mehrere Kinder, so sind diese gemeinsam für die Aufwendung des Elternunterhalts zuständig. Verdient nur eines der Kinder über 100.000 €, so muss dieses jedoch nicht den Anteil der Geschwister übernehmen, sondern zahlt nach seinen Möglichkeiten.

Kinder, die den Elternunterhalt zahlen, haben zudem seit 2017 die Möglichkeit nach dem Tod ihrer Eltern, den Pflegefreibetrag von bis zu 20.000 € zu beanspruchen. Hierbei handelt es sich um einen steuerfreien Anteil am Erbe, auf den pflegende Angehörige Anspruch haben können.

Achtung
Haben die Eltern schwere Verfehlungen gegen ihre Kinder begangen, so kann dies in einigen Fällen bedeuten, dass sie keinen Anspruch auf Pflegegeld haben. Hierfür reicht es jedoch nicht aus, dass kein Kontakt zwischen Eltern und Kindern bestand. Ein anerkannter Grund wäre vielmehr, wenn der pflegebedürftige Elternteil seine eigene Unterhaltspflicht nicht erbracht hat.

Was passiert, wenn kein Anspruch auf Elternunterhalt besteht?

Elternunterhalt: Wann müssen Kinder für ihre Eltern haften?Überschreitet das Jahresbruttoeinkommen der Kinder nicht die Grenze von 100.000 €, so besteht kein Anspruch auf den Elternunterhalt. Dies ist auch dann der Fall, wenn die pflegebedürftigen Eltern hilfebedürftig sind. In solch einem Fall können die Betroffenen Sozialleistungen beantragen.

Die sogenannte “Hilfe zur Pflege” wird bei dem zuständigen Sozialhilfeträger beantragt. Hierfür müssen eine Reihe von Dokumenten eingereicht werden:

  • Belege über Einkommen und Vermögen
  • Abrechnungen vom Pflegedienst
  • Bescheinigung von der Pflegeversicherung über den anerkannten Pflegegrad
  • Allgemeine Dokumente, z.B. Personalausweis, Mietvertrag etc.

Das Sozialamt überprüft den Antrag. Wird die Sozialhilfe genehmigt, so wird die betroffene Person zeitnah darüber informiert. In solch einem Fall werden die Pflegekosten, die nicht aus dem eigenen Vermögen bzw. Einkommen finanziert werden können, übernommen.

Achtung
Die “Hilfe zur Pflege” wird nur auf Antrag ausgezahlt. Es ist zudem nicht möglich, einen rückwirkenden Antrag zu stellen. Aus diesem Grund sollte die betroffene Person sich rechtzeitig um die Antragstellung kümmern.

Camille ist seit Januar 2022 Redakteurin im Team von DeinHilfexpert und schreibt Artikel für den Ausbau des deutschen Servicebereichs. Sie absolviert derzeit ein duales Studium an der ISCOM Schule in Paris und im Unternehmen DeinHilfexpert.


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